Hintergrund und Zielsetzung
Schätzungen zufolge werden derzeit über 70% der weltweiten Treibhausgase bei der Energieproduktion in städtischen Gebieten emittiert. Bis 2050 wird ein weiterer Anstieg um 50% angenommen, wobei schätzungsweise 89% auf Entwicklungsländer entfallen. Städtische Strukturen bieten jedoch viele Möglichkeiten zur Minderung von Emissionen in zahlreichen urbanen Teilsektoren und Aktivitäten. Am größten ist das Potenzial in sich schnell entwickelnden Ländern mit hohen Urbanisierungsraten, in denen bereits heute Entscheidungen über die künftige Infrastruktur und Durchführbarkeit verschiedener Reduktionsmaßnahmen getroffen werden. Dies trifft auf viele Städte in Afrika zu - dem Kontinent mit der höchsten prognostizierten Urbanisierungsrate der Welt. Gleichzeitig ist das Potenzial zur Verringerung der Treibhausgasemissionen aufgrund der städtischen Strukturen, der Art der Emissionsquellen und der finanziellen Hindernisse oft nur schwer zu erschließen. Die Kohlenstoffmarktmechanismen unter Artikel 6 des Pariser Abkommens bieten neue Anreize für Minderungsaktivitäten und können dazu beitragen, dass städtische Klimaschutzaktivitäten in großem Umfang umgesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund beauftragte das Umweltbundesamt die Perspectives Climate Group und ICLEI mit der Durchführung eines Forschungsvorhabens. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Konzeption eines innovativen Rahmens für potenzielle urbane Artikel 6-Projekte in zwei afrikanischen Städten: Addis Abeba (Äthiopien) und Kampala (Uganda). Ziel ist es, auf Grundlage bestehender und geplanter Aktivitäten und Politiken konkrete Ansätze für kleinräumige städtische Artikel 6-Aktivitäten zu entwickeln. Darüber hinaus sollen im Rahmen des Projekts mögliche Organisationsstrukturen entwickelt werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass alle relevanten Interessengruppen angemessen einbezogen werden und wirtschaftliche Anreize für Artikel 6-Aktivitäten präzise und wirksam gesetzt werden.
Umsetzung
Der erste Teil des Vorhabens besteht darin, den Status Quo in den beiden Städten zu ermitteln, einschließlich der städtischen Emissionsprofile und Minderungsziele, ihrer Erfahrungen mit Kohlenstoffmärkten sowie der bestehenden und geplanten städtischen Klimaschutzmaßnahmen. In einem zweiten Schritt identifiziert das Projektteam die wichtigsten Stakeholder sowie Interessengruppen und deren potenzielle Rolle bei künftigen städtischen Artikel 6-Aktivitäten. Darauf aufbauend wird eine Analyse der organisatorischen Optionen für urbane Artikel 6-Aktivitäten in Abhängigkeit von den ausgewählten städtischen Teilsektoren durchgeführt. Zu diesem Zweck werden die in einer früheren UBA-Studie entwickelten Ansätze überprüft und im Hinblick auf ihre Durchführbarkeit in Addis Abeba und Kampala diskutiert. Anhand von städtischen Fallstudien, die relevante urbane Teilbereiche wie beispielsweise private und öffentliche Gebäude, Abfall oder Elektromobilität repräsentieren, werden anschließend vier "städtische Artikel 6-Profile" erstellt. In einem letzten Schritt sollen konkrete Ausgestaltungsempfehlungen für die Fallstudien formuliert werden.
Ergebnisse und Ausblick
Mitte 2021 hat das Projektteam den Status Quo der städtischen Emissionen und Minderungsmaßnahmen in Addis Abeba und Kampala analysiert. Dabei wurden auch frühere Erfahrungen sowie relevante bestehende und geplante Maßnahmen berücksichtigt. Darüber hinaus wurde damit begonnen, die wichtigsten Akteurinnen und Akteure für städtische Artikel 6-Maßnahmen in beiden Städten zu ermitteln.