Hintergrund und Zielsetzung
Der Beginn des Jahres 2021 markiert einen grundlegenden Wandel in der globalen Governance von Treibhausgasemissionen, indem das Pariser Abkommen einen neuen Rahmen für die internationale Klimapolitik etabliert. Das Pariser Abkommen hat auch bedeutende Auswirkungen auf den freiwilligen Kohlenstoffmarkt, d. h. den freiwilligen Ankauf und die Stilllegung von Kohlenstoffzertifikaten. In der Vergangenheit wurden Emissionsgutschriften meist aus Aktivitäten generiert, die in Ländern durchgeführt wurden, die keine Minderungsziele hatten. Folglich wurden die Emissionsreduktionen nur von dem Käufer zur Erreichung eines Klimaschutzziels genutzt, und nicht von dem Land, in dem das Klimaschutzprojekt durchgeführt wurde. Das Pariser Abkommen verlangt jedoch von allen Ländern die Ausarbeitung von Nationally Determined Contributions (NDCs). Diese neue Rahmenbedingungen stellen eine wichtige Herausforderungen für die zukünftige Rolle des freiwilligen Kohlenstoffmarkts dar.
Das Verständnis von Modellen für die zukünftige Funktionsweise des freiwilligen Kohlenstoffmarkts ist besonders relevant, da immer mehr Organisationen und Einzelpersonen freiwillige Maßnahmen ergreifen, um ihre Emissionen zu reduzieren und die verbleibenden zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund gab das Umweltbundesamt (UBA) ein Forschungsprojekt in Auftrag, das von NewClimate Institute und Lambert Schneider durchgeführt wird.
Umsetzung
Um die zukünftige Rolle des freiwilligen Kohlenstoffmarktes zu untersuchen, analysierte das Forschungsteam zunächst den aktuellen Status des Marktes sowie die neuen Umstände und Herausforderungen, die sich durch das Pariser Abkommen ergeben. Ein entscheidender Schwerpunkt der Arbeit war die Beurteilung, ob und wie eine "Doppelzählung" von Emissionsreduktionen - die Verwendung derselben Emissionsreduktion für die freiwillige Kompensation und zur Erreichung des Ziels eines Landes unter dem Pariser Abkommen - vermieden wird. Das Projektteam analysierte und verglich verschiedene Modelle für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt nach 2020, die von Marktteilnehmern und weiteren Stakeholdern vorgeschlagen wurden. Die Auswahl basierte sowohl auf einer Literaturrecherche als auch auf Interviews mit Stakeholdern. Ausgewählte Modelle wurden anhand von Schlüsselmerkmalen verglichen und mittels einer Reihe von Kriterien bewertet, darunter Überlegungen zur Klimawirkung, zur praktischen Umsetzbarkeit und zur potenziellen Akzeptanz der Modelle durch den Markt.
Ergebnisse und Ausblick
Erste Ergebnisse wurden mit Stakeholdern auf einem Workshop in Berlin im November 2019 diskutiert und relevante Rückmeldungen wurden in den Abschlussbericht des Projekts eingearbeitet, der nun öffentlich zugänglich ist. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass sich von den fünf analysierten Modellen drei als potenziell tragfähige Optionen in der Paris-Ära herauskristallisieren: der "Contribution Claim"-, der "NDC Crediting"- und der "Non-NDC Crediting"-Ansatz, jeweils mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. Das Projektteam stellt außerdem fest, dass sich die Attraktivität der Modelle im Laufe der Zeit voraussichtlich verändern wird, wenn die NDCs der Länder ausgeweitet werden. Um den Klimaeffekt der freiwilligen Marktaktivitäten zu maximieren und um sich gegen einige der identifizierten Risiken abzusichern, empfehlen die Autorinnen und Autoren dem Markt, sich auf jene Aktivitäten zu konzentrieren, die anspruchsvolle Minderungsoptionen darstellen, sowie auf Aktivitäten, die in Ländern mit ambitionierten NDCs umgesetzt werden.