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CDM-Reform fällt russischer Blockade zum Opfer

August 2013 - Die Kyoto-Vertragsstaaten hatten den Subsidiary Body for Implementation (SBI) beauftragt, mögliche Änderungen der CDM-Modalitäten und Verfahren (M&V) vorzubereiten. Allerdings wurde die SBI-Sit­zung im Juni in Bonn völlig von Russland und ande­ren Staaten blockiert, die nach dem umstrittenen Ausgang der Doha-Konferenz eine Diskussion der UNFCCC-Entscheidungsverfahren auf die Tagesord­nung setzen wollten, was wiederum von anderen Staaten abgelehnt wurde. Es konnte daher nur ein Workshop zur CDM-Reform statt finden, der unab­hängig von der SBI-Tagesordnung war. Carbon Mechanisms Review fasst die Diskussionen auf dem Workshop zusammen.

Einleitend zum Workshop wurde auf einer Panel-Dis­kussion hervor gehoben, der CDM habe sich schon immer in einem Reformprozess befunden. So seien nahezu alle Reformen, die die EU in 2008 gefordert habe, inzwischen umgesetzt. Allerdings hätten sich auch die Anforderungen weiter entwickelt, bspw. in Bezug darauf, dass flexible Mechanismen nicht nur für Offsetting dienen, sondern auch einen Netto-Kli­maschutzbeitrag leisten sollten. Zudem bestehe die Gefahr der Fragmentierung durch die Entstehung
neuer System (vgl. „Der CDM als Bindemittel für den globalen Kohlenstoffmarkt” in diesem Heft).

Im Weiteren drehte sich der Workshop um drei zentrale Themen:

  • CDM-Projektzyklus und Methoden,
  • Governance
,
  • Akkreditierung von DOEs.

Insgesamt wurden vor allem Möglichkeiten der Re­form sondiert, Festlegungen wurden noch keine ge­troffen. Unklar erscheint auch, inwiefern überhaupt Wille zur Reform vorhanden ist. Außer Brasilien war keines der großen Schwellenländer auf dem Work­shop vertreten. Brasilien vertrat indes die Auffas­sung, das einzig ernsthaft reformbedürftige seien die Emissionsziele der Industrieländer.

Projektzyklus und Methoden

In Bezug auf den CDM-Projektzyklus und die Metho­den wurde eine Reihe von Fragen diskutiert. Für die Länge der crediting periods wurde vorgeschlagen, den bisher allgemein gültigen Ansatz zu differenzieren, z.B. je nach Projekttyp, da die tatsächliche Lebens­dauer von Anlagen teilweise deutlich von der derzeit möglichen Länge der crediting periods abweicht. Auch wurde diskutiert, das Konzept der Wesentlich­keit (materiality), das bisher nur bei Verifizierungen angewendet wird, auch auf Validierungen und PoAs anzuwenden.

Zu PoAs schlugen Teilnehmer vor, die Regeln weiter zu vereinfachen, bspw. in Bezug auf Monitoringver­fahren und der Verfahren zur Hinzufügung von CPAs. Auch die Haftung der DOEs ist weiterhin ein Thema.

In Bezug auf standardisierte Baselines wurde ange­merkt, dass weitere Analysen in Bezug auf deren Ak­tualisierung erforderlich seien. Es wurde kontrovers diskutiert, die Verwendung von genehmigten SBL verpflichtend zu machen. Einige versprachen sich davon eine Verbesserung der ökologischen Integrität, andere bevorzugten, den Projektteilnehmern Flexibilität zu lassen. Zudem wurde erwogen, ob die Validierung bei SBL-Projekten mit der ersten Verifizierung zusam­men gelegt werden könne. Auch wurde auf die er­höhte Verantwortung der DNAs in Bezug auf SBL und die damit verbundenen Kapazitätsprobleme hinge­wiesen.

In Bezug auf Zusätzlichkeit war die allgemeine Ein­schätzung, dass die Arbeit in Bezug auf gängige Pra­xis, first of its kind und Technologiepenetration weitergeführt werden müsse. Zudem wurde darüber debat­tiert, inwieweit CER-Einnahmen einbezogen werden sollten und wie mit Projekttypen verfahren werden sollte, bei denen diese nur einen geringen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit haben. Von einigen wurde vorgeschlagen, bestimmte Projekttypen vollständig aus dem CDM auszuschließen. Dies solle für Projekte von prinzipiell zweifelhafter Zusätzlichkeit gelten, wie etwa große Wasserkraft- oder Infrastrukturpro­jekte (vgl. CMR 01-2013).

Auch wurde der Umgang mit Klimaschutpolitiken der Gastgeberländer (E+/E-) bei der Bestimmung der Zusätzlichkeit diskutiert. Das Board hatte bei seiner letzten Sitzung beschlossen, dass diese für sieben Jahre nach ihrer Einführung nicht berücksichtigt werden müssen. Auf dem Workshop wurde allerdings auch prinzipiell in Frage gestellt, dass es aufgrund des CDM einen perversen Anreiz gebe, keine neuen Politiken einzuführen.

Schließlich schlugen Teilnehmer auch den Ausschluss kontroverser Projekttypen wie von HFC-, N2O- und Kohleprojekten aus dem CDM vor. Zu HFC und N2O gab es viel prinzipielle Zustimmung, zu Kohleprojek­
ten hingegen Widerspruch.

In der Frage der Stakeholder-Konsultation und des Beitrags der Projekte zur nachhaltigen Entwicklung wurden die altbekannten Positionen vorgetragen. Nichtregierungsorganisationen wiesen darauf hin, dass mehrere CDM-Projekte mit Menschenrechtsver­letzungen verbunden seien und Stakeholder-Konsul­tationen oft praktisch nicht statt finden würden. Ver­treter von Gastgeberländern beharrten darauf, diese Punkte berührten Fragen der nationalen Souveräni­tät und könnten daher nicht international geregelt werden.

Governance

In Bezug auf Governance wurde wie in der Vergan­genheit von vielen betont, dass Board solle sich auf
strategische und prinzipielle politische Fragen beschränken. Das Zusammenspiel mit seinen Unterstützungsor­ganen müsse klarer geregelt werden.

Zur Zusammensetzung des Boards gab es mehrere Kritik­punkte und Vorschläge. Einige schlugen vor, den Vorsitz und Vizevorsitz als Vollzeitstellen einzurichten. Auch wurde gefor­dert, das Nominierungsverfahren solle transparenter werden, bisher läuft es hinter den verschlossenen Türen der einzelnen Ländergruppen. Zudem wurde angeregt, es sollten auch Pri­vatwirtschaft und Zivilgesellschaft im Board vertreten sein.

Des Weiteren wurde vorgeschlagen, den Unterschied zwischen „vollen“ und stellvertretenden Mitgliedern zu beseitigen, oder aber eine insgesamte Amtszeitbegrenzung einzuführen. Bis­her wird die Amtszeitbegrenzung oft dadurch ausgehebelt, dass Personen zwischen voller und stellvertretender Mitglied­
schaft hin- und her wechseln. Zudem müsse die Vertretung von Frauen und Männern ausgewogener werden.

Die Rolle der DNAs in der Projektgenehmigung und -umset­zung solle klarer gefasst werden als bisher. Insbesondere soll­ten der minimale Inhalt und Geltungsdauer der Genehmi­gungsschreiben fest gelegt werden. Zudem solle es ein Verfah­ren für die Aufhebung von Genehmigungen geben, empfah­
len Workshop-Teilnehmer.

Akkreditierung von DOEs

In Bezug auf die Akkreditierung wurde auf der Veranstaltung diskutiert, zukünf­tig in den CDM M&V nur noch allgemeine Prinzipien festzuschreiben und weiter ge­hende Details aus der bisherigen Fassung zu löschen, um dem Executive Board eine größere Handlungsfreiheit zu geben. Zu­dem wurde angeregt, die Haftungsregeln für den Fall signifikanter Defizite in der Arbeit der DOEs zu ändern. Vorgeschlagen wurde etwa, nach Gründen von Defiziten (wie Nachlässigkeit oder Betrug) und auch die entsprechenden Konsequenzen zu differenzieren. Zudem wurde vorge­schlagen, das Haftungsrisiko anders als
bisher quantifizierbar zu machen sowie Reservepools oder andere Möglichkeiten zum Ausgleich zu viel ausgestellter CER zu schaffen.

CDM-Reform in den Sternen?

Viele hatten gehofft, die Reform der M&V könne bis Warschau abgeschlossen werden. Allerdings erscheint dies nach der kompletten Lahmlegung der SBI in Bonn mehr als fraglich. Die SBI wird nun in Warschau die Arbeit von 3,5 Wochen in 1,5 Wo­chen erledigen müssen. Wieviel Zeit dabei der CDM-Reform eingeräumt werden kann, bleibt abzuwarten. Zudem lässt sich auf Grundlage des Workshops noch keine eindeutige Richtung absehen, es wurden zunächst nur Themen sondiert. Die tat­sächlichen Verhandlungen stehen noch aus.

Dieser Artikel wurde zuerst in der Carbon Mechanisms Review 2-2013 veröffentlicht.

 

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