Die Angebotsseite des freiwilligen Kohlenstoffmarktes unterliegt derzeit keinen allgemeingültigen Regularien oder allgemein akzeptierten Standards. Verschiedene private Zertifizierungsstandards haben jeweils unterschiedliche Maßgaben entwickelt, durch die eine hohe Qualität der Minderungs-Zertifikate und die Robustheit der Emissionsminderungen sichergestellt werden soll. In jüngster Zeit haben sich aus dem Markt heraus Initiativen etabliert, die hohe und vor allem einheitliche Standards für Klimaschutzprojekte und deren Anrechnung zu etablieren suchen. Inzwischen gibt es auch von staatlicher Seite Initiativen, die Unsicherheit auf dem Markt zu adressieren, um Einheitlichkeit, Qualität und Transparenz sicherzustellen.
Die Bundesregierung und auch die Europäische Union verfolgen gemeinsam das Ziel, Akteuren auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt Orientierung und Entscheidungssicherheit zu geben. Durch unterschiedliche Initiativen, Handreichungen und Gesetzesvorhaben trägt die deutsche und europäische Politik dazu bei, die Unsicherheit auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt zu adressieren.
Im Folgenden werden einige der zentralen Richtlinien und Regulierungen auf deutscher und europäischer Ebene erläutert.
Empowering Consumers Directive
Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (EmpCo) verbietet ab 2026 Produkt-Werbung mit Aussagen wie „klimaneutral/-reduziert“ oder „klimapositiv“, die auf Verrechnung mit Minderungszertifikaten („Offsetting“) beruhen. Ein Verweis auf Kompensation ist jedoch weiterhin erlaubt. Grundsätzlich sollen irreführende Klimaaussagen und Behauptungen („Claims“) von Unternehmen gegenüber Verbraucher*innen vermieden werden.
Die Richtline kann herunter geladen werden unter https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2024/825/oj
Deutsches Positionspapier „‘Paris-aligned Carbon Markets“ nach dem Übereinkommen von Paris“
Das Positionspapier „Paris-aligned Carbon Markets“ der Bundesregierung setzt die Ziele des ÜvP in den Fokus und formuliert zentrale Grundprinzipien für das Handeln auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt. Die Bundesregierung fordert bei der Nutzung internationaler Kohlenstoffmärkte das Zusammenspiel der Marktakteure an den Zielen des ÜvP auszurichten, damit diese zu einer globalen Ambitionssteigerung führen und die notwendige Transformation zu Netto-Treibhausgasneutralität voranbringen.
Dazu beschreibt das Papier qualitative Anforderungen für die Angebots- und die Nachfrageseite des Marktes, mit denen sichergestellt werden kann, dass der freiwillige Kohlenstoffmarkt zu Dekarbonisierung und grünem Wachstum beiträgt und seinen Beitrag leistet, die Investitionslücke zur Eindämmung des Klimawandels zu mindern. Hierzu zählt auch der Vorrang von Vermeiden und Reduzieren von Treibhausgasemissionen gegenüber dem Kompensieren von Emissionen. Zugleich wird die Rolle der ökologischen und sozialen Integrität beim Ankauf von Minderungs-Zertifikaten unterstrichen, die durch solide Standards sichergestellt werden muss.
Dazu sind die Regeln für Artikel 6 des ÜvP anzuwenden. Indem diese Regeln auch für freiwillige Kohlenstoffmärkte angewendet werden, lässt sich das Potenzial internationaler Kohlenstoffmärkte steigern.
Das Positionspapier ist abrufbar unter https://www.carbon-mechanisms.de/publikationen/details/paris-aligned-carbon-markets-nach-dem-uebereinkommen-von-paris
Joint Statement on Voluntary Carbon Market: The Claims Side
Im Dezember 2023 haben sieben EU-Länder, darunter auch Deutschland, eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der Klimaschutz-Aussagen (‚Claims‘) von Unternehmen mit Bezug zum freiwilligen Kohlenstoffmarkt adressiert werden. Die Erklärung umfasst Empfehlungen für Unternehmen, die auf Basis eingekaufter Minderungs-Zertifikate umweltbezogene Klimaschutz-Aussagen tätigen möchten. Die Empfehlungen betonen, dass zur Nutzung des freiwilligen Kohlenstoffmarktes robuste Standards und Leitlinien zur Anwendung gebracht werden müssen, damit Klimaschutzprojekte die versprochenen Minderungsleistungen erbringen und keine Gefahr für die Umweltintegrität darstellen.
Das Dokument kann herunter geladen werden unter https://www.government.nl/documents/publications/2023/12/10/joint-statement-on-voluntary-carbon-market
Guide to good practices for voluntary carbon markets
Eine Orientierung für das Identifizieren von qualitativ hochwertigen Minderungs-Zertifikaten bietet der Guide to good practices for voluntary carbon markets, der von der finnischen Regierung 2023 veröffentlicht wurde. Der Guide wurde vor dem Hintergrund eines undurchsichtigen freiwilligen Kohlenstoffmarktes entwickelt und soll dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit von Klimaschutz-Aussagen auf Basis von Minderungs-Zertifikaten zu erhöhen. Dafür beschreibt der Guide bewährte Vorgehensweisen für robuste und effektive Klimaschutzprojekte, den Nutzen von Minderungs-Zertifikaten aus solchen Projekten sowie angemessenes Kommunizieren von Klimaschutz-Aussagen. In Fallbeispielen wird die Compliance mit den Minimalkriterien und potentiellen Klimaschutzprojekten demonstriert.
Der finnische Guide kann eingesehen werden unter https://julkaisut.valtioneuvosto.fi/bitstream/handle/10024/164732/VN_2023_24.pdf
Aufgrund des internationalen Charakters des freiwilligen Kohlenstoffmarktes haben auch weitere (nationale) Akteure Guidelines und Regulierungen zur Nutzung von Minderungs-Zertifikaten sowie der entsprechenden Kommunikation veröffentlicht. Initiativen finden sich u.a. im Forschungspapier von Kreibich et al.
Eine umfassende Übersicht, den Carbon Market Regulations Tracker, hat die Gold Standard Foundation im Auftrag des BMWK erarbeitet. Diese bietet standardisierte Zusammenfassungen und direkte Links zu relevanten Regulierungen weltweit sowohl im Bereich der freiwilligen Kohlenstoffmärkte als auch solcher zum Artikel 6 des Pariser Abkommens. Unter „Vereinigtes Königreich“ können dort beispielsweise Informationen über den hier nicht beschriebenen „Green Claims Code“ der britischen Regierung abgerufen werden.
Neben der Guidance und Regulierung von politischer Seite formulieren auch private Initiativen Handreichungen, Standards und relevante Informationen für unternehmerisches Engagement auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt, z.B. im Zuge von Net-Zero Zielsetzungen. Freiwillige Leitlinien sollen dazu beitragen, hochwertige Minderungs-Zertifikate zu identifizieren, ambitionierten Klimaschutz innerhalb des eigenen Unternehmens effizient umzusetzen und Unsicherheiten auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt zu minimieren. Einige Initiativen knüpfen ihre Guidelines direkt an Tools, etwa um hochwertige Minderungs-Zertifikate zu identifizieren. Solche Guidelines und die dazugehörigen Tools sind unter Praktische Umsetzungshilfen gelistet. An dieser Stelle wird eine Auswahl zentraler Initiativen sowie deren zentrale Leitlinien bzw. Leitlinien von zentralen Akteuren auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt aufgezeigt.
Der Integrity Council of the Voluntary Carbon Market (ICVCM) hat als Zielsetzung das Etablieren und Erhalten eines globalen Standards für hohe Integrität auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt. Dabei stützt sich die Organisation auf ein breites Netzwerk ausgewiesener Klimaschutzexperten, welche die Arbeit mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung unterstützen und kritisch begleiten. Der hohe Qualitätsanspruch der Initiative findet sich in den Core Carbon Principles (CCP) wieder, die zehn Prinzipien aus den Bereichen Governance, Klimawirkung und Nachhaltige Entwicklung umfassen. Bei der Anwendung der CCP geht die ICVCM in zwei Schritten vor. Zum einen überprüft die ICVCM einzelne Zertifizierungsstandards auf die Einhaltung der CCP. Entspricht ein Zertifizierungsstandard den CCP, wird dieses als CCP-geeignet (CCP-eligible) geführt. In einem zweiten Schritt werden einzelne Projektkategorien überprüft. Projektkategorien, die die CCP erfüllen, können von CCP-geeigneten Zertifizierungsstandards mit einem Siegel versehen werden, der diese als CCP-anerkannt (CCP-approved) kennzeichnet. Das Label soll es Käufer*innen erleichtern, hochwertige Minderungs-Zertifikate zu identifizieren. Durch die schrittweise Verschärfung der Anforderungen an Zertifizierungsstandards und Projektkategorien soll zugleich eine Anhebung der Qualität im Markt erreicht werden.
Das Dokument kann herunter geladen werden unter https://icvcm.org/core-carbon-principles/
Ein weiterer zentraler Akteur ist die Voluntary Carbon Markets Integrity Initiative (VCMI). Während sich der ICVCM auf die Angebotsseite des freiwilligen Kohlenstoffmarktes fokussiert, betrachtet die VCMI die Nutzung der Minderungs-Zertifikate und setzt damit einen Schwerpunkt auf die Nachfrageseite. Auch die VCMI verfolgt das Ziel, zu einer hohen Integrität des freiwilligen Kohlenstoffmarktes beizutragen. Sie stellt die Vereinheitlichung der von Unternehmen kommunizierten Klimaschutz-Aussagen sowie die darunter liegenden Maßnahmen ins Zentrum seiner Tätigkeit. Dafür hat die VCMI den Claims Code of Practice für Unternehmen ausgearbeitet, die entsprechende Minderungs-Zertifikate nutzen und hierüber kommunizieren wollen. Dafür hält der Claims Code of Practice drei unterschiedliche Claims bereit. Die Claims (Silver, Gold, Platinum) unterscheiden sich hinsichtlich des Anteils an Emissionen, der durch Minderungs-Zertifikate abgedeckt wird. Für einen Platinum-Claim muss ein Unternehmen beispielsweise eine Menge an Minderungs-Zertifikaten kaufen, die 100% seiner Emissionen entspricht. Für ‚Silver‘ (über 10% und weniger als 50%) und ‚Gold‘ (mehr als 50% und weniger als 100%) sind die geforderten Anteile der Abdeckung von Emissionen jeweils geringer. Grundvoraussetzung für alle VCMI-Claims ist die Erfüllung einer Reihe von Anforderungen, wie etwa die Formulierung wissenschaftlich fundierter Reduktionsziele und die Bilanzierung der THG-Emissionen des Unternehmens.
Dieser Code kann unter folgender Adresse heruntergeladen werden: https://vcmintegrity.org/vcmi-claims-code-of-practice/
Zuletzt sind noch die Oxford Offsetting Principles for Net Zero Aligned Carbon Offsetting zu nennen. Diese wurden erstmals 2020 veröffentlicht und 2024 überarbeitet. Die von der Universität Oxford ausgearbeiteten Prinzipien umfassen vier übergeordnete Elemente: 1) Das Reduzieren von Emissionen und die Gewährleistung, dass bei der Zielerreichung hin zu Net Zero ausschließlich Klimaschutzzertifikate mit hoher Umweltintegrität genutzt worden sind. Zudem soll die entsprechende Strategie regelmäßig überprüft und entlang von Good Practices angepasst werden. 2) Bei Erreichung des Net Zero Ziel-Zeitpunkts werden alle verbleibenden Emissionen mit CO2-Entnahmen kompensiert. 3) Es findet eine Verschiebung hin zu CO2-Entnahme-Aktivitäten mit langer Speicherung statt. 4) Es wird die Entwicklung von innovativen und integrierten Ansätzen zur Net Zero Zielerreichung unterstützt.
Die Principles lassen sich unter folgender Adresse einsehen: https://www.smithschool.ox.ac.uk/sites/default/files/2024-02/Oxford-Principles-for-Net-Zero-Aligned-Carbon-Offsetting-revised-2024.pdf
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